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Borussia im Tal der Titellosigkeit

Warum der Tischtennis-Klub derzeit keinen Erfolg hat

Foto: Kenny Beele

von Tobias Kemberg

Zwei Jahre in Folge ohne Triumph in Liga, Pokal oder Champions League. Abgesehen von Timo Boll fehlen dem Rest des Teams Konstanz, Abgezocktheit und eine ruhige Hand in wichtigen Spielen.

Über 17 Titel haben sie bei Borussia Düsseldorf gejubelt. Zwischen der Saison 2010/11 und 2017/18. Stolze 71 sind es insgesamt in der von Erfolgen geprägten Vereinsgeschichte des Tischtennis-Vorzeigevereins. Mit der 2:3-Heimniederlage im Play-off-Halbfinale der Bundesliga gegen die TTF Ochsenhausen endete in der vergangenen Woche jedoch die zweite Saison in Folge ohne jeden Titel. „Diese Enttäuschung ist noch nicht richtig verdaut, sie wird eher nur durch andere Dinge überlagert. Bei mir persönlich wird das sicherlich noch über Wochen nachwirken“, sagt Manager Andreas Preuß. Doch wo liegen die Ursachen für den derzeitigen Misserfolg?

Weit weg von der Spitze oder gar chancenlos ist die Borussia keineswegs, die Dominanz auf nationaler Ebene ist aber dennoch (vorerst) beendet. Am Talent liegt es nicht. Das Schweden-Duo Kristian Karlsson und Anton Källberg hat seine Klasse in der Vergangenheit immer wieder unter Beweis gestellt. Trotzdem fehlt Karlsson nach wie vor ein Quäntchen, um sich in die absolute Weltspitze zu katapultieren. Und Källberg, der Jüngste im Team von Trainer Danny Heister, muss endlich den entscheidenden Entwicklungsschritt gehen, um in die Top 30 vorzustoßen. In diesen Regionen war Ricardo Walther schon einmal zu finden. Der deutsche Nationalspieler, der 2020 erstmals Deutscher Einzelmeister wurde, war in seinem ersten Jahr nach der Rückkehr nach Düsseldorf davon jedoch ebenfalls ein gutes Stück entfernt.

Kristian muss im spieltechnischen Bereich eine Schippe drauflegen. Ebenso im Training. Anton muss in seiner Spielausrichtung sicherer werden und Ricardo muss seine Fitness auf ein anderes Level bringen“, fordert Preuß. Bleiben noch der hochtalentierte, aber mental nicht immer starke Omar Assar, der die Borussia nach zwei Jahren verlassen wird. Und natürlich Timo Boll. Amtierender Europameister, noch immer die Nummer zehn der Welt und „Mister Zuverlässig“ im Team der Borussia. „Auch Timo muss an seiner Fitness arbeiten“, ergänzt der Manager und gibt damit auch dem Superstar ein paar „Hausaufgaben“ mit auf den Weg.

Die Probleme sind andere: Die Borussen rufen ihr Potenzial nicht immer konstant ab, das belegen die Zahlen. Mit 22 Siegen in 24 Einzeln in Bundesliga und Pokalwettbewerb weist Boll die mit Abstand beste Bilanz in der abgelaufenen Saison aus. Der Rest des Teams kommt bei 40 Siegen und 29 Niederlagen auf eine Siegquote von 58 Prozent, Boll steht bei 92 Prozent. Karlsson, Källberg und Walther fehlt es in entscheidenden Matches immer wieder an Abgezocktheit und der nötigen Ruhe. Sowohl mental als auch in Bezug auf die Entscheidungen im Spiel. Neben Formschwächen hatten alle Borussia-Profis darüber hinaus mit Krankheiten und/oder Verletzungen zu kämpfen. Der ausbleibende Erfolg basiert also auf mehreren Faktoren.

Preuß hat Vertrauen in seinen Kader, der in der kommenden Saison wieder angreifen und Titel gewinnen soll, sagt aber: „Perspektivisch mache ich mir Gedanken. Es kann sein, dass die Mannschaft nach der Saison 2020/21 anders aussehen wird. Uns fehlt einfach der Komplementär-Spieler zu Timo.“ Sich immer darauf zu verlassen, dass der 39-jährige Boll zwei der drei benötigten Punkte für einen Sieg einfährt, kann und darf für die Borussia nicht die Lösung sein. Bedeutet: Karlsson, Källberg und Walther müssen sich unbedingt steigern.

Die Konkurrenten, allen voran Ochsenhausen und der neue Deutsche Meister Saarbrücken, haben aufgeschlossen. Doch sind sie langfristig bereits besser als die Borussia? Oder derzeit nur stabiler? „Sie sind derzeit stabiler“, so Preuß. „Wir bewegen uns in einer Übergangszeit, durchschreiten bei der Borussia aber nicht zum ersten Mal ein Tal. Das zweite Jahr in Folge ohne Titel ist natürlich brutal schmerzhaft, dennoch sehe ich uns immer noch als Marktführer. Daran lassen wir uns gerne messen.“ Gegen Ochsenhausen fehlten zwei einzelne Ballwechsel und es hätte 3:0 und Finaleinzug statt Niederlage geheißen. Und vielleicht wäre die Borussia im Finale gegen Saarbrücken schon wieder aus dem Tal der Titellosigkeit gekommen. Doch so kam es nicht. Das soll nun 2021 geschehen. Einfach wird das jedoch nicht.

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