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“Dafür lebe ich jetzt“

Ruben Zepuntke (Foto: David Young)

Der Radprofi Ruben Zepuntke hofft auf eine Teilnahme an der Tour de France 2017, die in seiner Heimatstadt Düsseldorf starten wird. Im Februar stoppte ihn eine schwere Verletzung nach einem Unfall in einem Vorbereitungsrennen. Von seinem Weg lässt sich Zepuntke dadurch aber nicht abbringen.

Die Erinnerung an den 26. Februar hat sich in Ruben Zepuntkes Hirn eingebrannt: „Noch nie in meinem Leben habe ich so einen Schmerz gefühlt.“ Es passierte bei einem gewöhnlichen Trainingswettkampf in der Provence in Frankreich. Zepuntke fuhr im großen Hauptfeld mit, bis zum Ziel waren es nur noch rund 50 Kilometer. Dann plötzlich ein Gedränge, alles geschah blitzschnell. Eine Unachtsamkeit eines Konkurrenten reichte aus und Ruben Zepuntke steuerte geradewegs auf einen Baum zu. Dann wurde alles schwarz.

„Ich habe keine Luft mehr bekommen, war bestimmt eine halbe Minute völlig weg“, erinnert sich der 23-jährige Düsseldorfer, der für das US-amerikanische Profiteam Cannondale in die Pedale tritt. Zepuntke brach und kugelte sich bei seinem Unfall im Februar den rechten Ellenbogen aus. Glück hatte er, dass die Nervenstränge und Bänder wie durch ein Wunder unbeschadet blieben. Knochen und Gelenk trennten allerdings fünf Zentimeter. „Alle haben nur den Kopf geschüttelt“, sagt Zepuntke, der die Röntgenbilder bis heute auf seinem Smartphone hat. Wenn man so will, als Erinnerung an den schwärzesten Moment seiner noch kurzen Profikarriere.

Seit zwei Jahren steht Zepuntke bei Cannondale unter Vertrag. In dieser Saison wollte der Allrounder richtig durchstarten. Im Winter absolvierte er ein Intensiv-Trainingslager zur Vorbereitung auf die legendären Frühjahrs-Klassiker, die ihm besonders gut liegen. Der Sturz Ende Februar zerstörte alle Hoffnungen und zwang den in Düsseldorf-Derendorf geborenen Zepuntke zu einer quälend langen Zwangspause.

Tour in Düsseldorf? „So etwas erlebt man nur einmal“

„Ich bin in ein mentales Loch gefallen, habe ein wenig gebraucht, um mich neu motivieren zu können. Die Unterstützung meiner Freundin und meiner Familie haben mir da sehr geholfen.“ Mit 28 Stichen und neun Schrauben wurde sein Ellenbogen wieder in Form gebracht. In dieser Woche startete Ruben Zepuntke erstmals nach dem Unfall wieder bei einem großen Rennen. Bei der Belgien-Rundfahrt absolviert er in diesen Tagen wertvolle Wettkampfkilometer. Vor sechs Wochen begann er wieder mit Trainingsfahrten auf seinem Rennrad.

Zepuntke lebt und wohnt in Düsseldorf-Zoo. In seiner Jugend spielte er Feldhockey, wechselte erst vor neun Jahren aufs Rad. Prompt gewann er Nachwuchsrennen. Sein Traum von einer Karriere im Profiradsport war geboren. Nach der Bekanntgabe des Grand Départ in seiner Heimatstadt Düsseldorf im kommenden Jahr hat Ruben Zepuntke einen neuen Traum: „So etwas erlebt man nur einmal in seinem Leben. Dort nicht dabei zu sein, wäre unfassbar ärgerlich.“

Wenn das größte und wichtigste Radrennen der Welt kommenden Sommer in Düsseldorf startet, will Zepuntke unbedingt dabei sein: „Dafür lebe ich jetzt ein Jahr. Ich lasse es nicht darauf ankommen und ordne diesem Ziel alles andere unter.“ Die Tour-Strecke durch seine Heimatstadt kennt Zepuntke schon ganz genau. „Auf der Kö habe ich mein erstes Jugendrennen gewonnen, das Teilstück raus zur Messe fahre ich fast täglich im Training“, erzählt der 23-Jährige.

„Statistisch erwischt es jeden Fahrer einmal in zehn Jahren so heftig“

„Der Radsport in Deutschland blüht auf“, findet Zepuntke. Das liege vor allem an der neuen Generation erfolgreicher, deutscher Radsportler mit Größen wie Marcel Kittel, John Degenkolb oder André Greipel. Düsseldorf als Startort der Tour de France 2017 sei ein weiterer Beleg dafür. Im Herbst peilt Zepuntke die Teilnahme an der Vuelta, der Spanien-Rundfahrt an. Dort möchte er unter Beweis stellen, dass er das Zeug hat, um auch bei einem der ganz großen Radrennen bestehen zu können. In Spanien möchte er Werbung in eigener Sache betreiben, damit er kommenden Sommer in Düsseldorf an den Start gehen kann. Das Risiko, dass eine Verletzung ihn erneut stoppen könnte, ist im Radsport dabei allgegenwärtig.

„Statistisch erwischt es jeden Fahrer einmal in zehn Jahren so heftig wie mich“, sagt Zepuntke. Er denkt noch häufig zurück an den 26. Februar. Wer Zepuntke reden hört, der merkt aber schnell, dass der schwärzeste Tag seiner jungen Karriere ihn nicht geschwächt hat. Dieser Tag hat den Profisportler Ruben Zepuntke nur willensstärker gemacht. Sein Ziel hat er klar vor Augen: Es ist das große Fahrerfeld der Tour de France, das sich durch Düsseldorfs Straßen schlängelt. Und mittendrin ein junger Fahrer aus Düsseldorf selbst. Im knallgrünen Trikot.

Ruben Zepuntke im Gespräch mit Jan Wochner (Foto: David Young)
Ruben Zepuntke im Gespräch mit Jan Wochner (Foto: David Young)

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