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Das späte Glück von Tim Oberdorf

Profivertrag belohnt starke Auftritte von Fortunas Innenverteidiger

Foto: Kenny Beele

von Norbert Krings

Ein zurückhaltender Bursche aus der Provinz ist Tim Oberdorf sicherlich nicht. Der Neu-Profi der Fortuna ist 25 Jahre alt, hat einiges erlebt und zeigt auf dem Rasen das Selbstbewusstsein eines ausgebufften Profis. Im Gespräch mit ihm hat der Fragesteller immer das Gefühl, Oberdorf weiß auf jede Frage spontan eine gescheite Antwort und wirkt dabei alles andere als überheblich. Fortuna Düsseldorf hat seit Saisonbeginn einen zuverlässigen Abwehrspieler und seit vergangener Woche einen Neu-Profi in ihren Reihen, der ganz schnell zu einem Idol auch außerhalb des Platzes werden kann.

Der Name Oberdorf ist nicht ganz unbekannt im deutschen Profifußball. Lena-Sophie Oberdorf ist Nationalspielerin und beim VfL Wolfsburg mit 19 Jahren nicht aus dem Team wegzudenken. Sie hat sich für den Weg aus einem Vorort Wuppertals zu einem Champions-League-Teilnehmer in der Volkswagen-Stadt entschieden. Auch Oberdorf wechselte zur neuen Saison. Von der TSG Sprockhövel kommend, wollte er seine Laufbahn bei der Regionalliga-Mannschaft von Fortuna Düsseldorf fortsetzen. Er sollte als einer der beiden älteren Spieler neben Vereinslegende Oliver Fink die Mannschaft führen.

Tim Oberdorf spielte zu Beginn der Saison für die „Zwote“ der Fortuna. Foto: Beele

Aus Sicht des Vereins war es ein unglücklicher Zufall, für Tim Oberdorf war das personelle Problem auf der Innenverteidiger-Position zu Beginn der Saison eher ein Glücksfall. Der 25-Jährige fuhr mit nach Oberösterreich ins Trainingslager der Profis und machte dort seine Sache mehr als gut. „Ich habe mich schon sehr gefreut, als zu Beginn der Vorbereitung der Anruf kam, dass ich mitfahren soll“, sagte Oberdorf. „Das war schon eine ziemlich geile Sache, auch wenn die Pause dadurch ziemlich kurz war.“

Oberdorf hat sein Lehramtsstudium unterbrochen

Dennoch spielte er danach wieder in der Regionalliga West und erzielte dort sogar in sechs Spielen drei Tore. Es pressierte danach wieder bei den Profis, weil Andre Hoffmann immer noch verletzt war und der nachverpflichtete Dragos Nedelcu die Erwartungen von Trainer und Fans nicht erfüllen konnte. In Oldenburg durfte er im Pokal dann erstmals für die Profis spielen.

Tim Oberdorf nutzte seine Chance, was auch die Vereinsfunktionäre der Fortuna so gewertet haben. „Ich habe kurz überlegt, dann aber mit Begeisterung den ersten Profivertrag meiner Karriere unterschrieben“, erklärte Oberdorf, der derzeit erstaunlicherweise bei transfermarkt.de nur mit einem Marktwert von 125.000 Euro bewertet wird. Bei diesem Portal hat offensichtlich niemand das Spiel der Fortuna in Darmstadt gesehen, wo Oberdorf zu den Garanten des 3:1-Auswärtssieges zählte.

Doch warum hat Oberdorf überhaupt überlegt, den Weg einzuschlagen, der offensichtlich vorgezeichnet war. „Der erste Impuls war: geil, mache ich sofort. Ich bin aber mitten im Lehramtsstudium – Sport und Deutsch“, erklärt der 25-Jährige. „Mir fehlt zum ersten Abschluss nur noch die Bachelorarbeit. So habe ich mir ein wenig Zeit gelassen.“ Doch das Studium ist jetzt erst einmal aufgeschoben. Aber den Master, um dann auch Lehrer werden zu können, will er auf jeden Fall noch anschließen. Mal schauen, wann er dazu Zeit finden wird. „Ich will auf jeden Fall irgendwann mal etwas Richtiges arbeiten.“

Singen vor der Mannschaft kommt für Neuling Oberdorf nicht in Frage

Eigentlich habe er nicht mehr damit gerechnet, so ein Angebot zu bekommen. „Ich war auch nie in einem Nachwuchsleistungszentrum und also weit weg“, sagt Oberdorf. „Ich hatte richtig Bock auf die Regionalliga und jetzt erst recht auf die 2. Bundesliga.“ Und er lobt seine neue Mannschaft, dass sie ihn gut aufgenommen habe und er nicht singen musste, als Neuling. Das wäre für seine Mitspieler wohl dank eher bescheidener Gesangskünste auch nicht so gut angekommen. „Das will ich keinem antun.“ 

Tim Oberdorf – vorne – freut sich über das 2:0 von Rouwen Hennings. Foto: Wolff

Dass er einen rumänischen Nationalspieler aus der Mannschaft gedrängt hat, macht ihm keine schlaflosen Nächte. „Ich freue mich, wenn ich spielen darf und mache mir keine großen Gedanken, wer dann für mich draußen bleiben muss“, sagt Oberdorf, und das nimmt man ihm auch ab, weil er Fußball mit Freude und sehr gerne spielt. „Man merkt schon, dass viel mehr auf dem Spiel steht, anders als in der Komfortzone der Regionalliga.“ Das habe er schon bei seinem ersten Spiel auf der Bank in Sandhausen gemerkt, dass es in der 2. Bundesliga anders zugeht und „deutlich mehr Energie drin ist“. Auf ein eigenes großes Ziel schaut Oberdorf derzeit nicht. „Jetzt, in dieser Lage, gilt es, das Bestmögliche für die Mannschaft zu erreichen.“

In Darmstadt lag es für Oberdorf nicht nur an einer Sache, dass es so funktioniert hat mit dem letztlich souveränen 3:1-Erfolg. „Es hat einfach gut funktioniert, wie wir die Sache angegangen sind – mit welcher Intensität, mit welcher Spielfreude, gutem Fußball und großer Leidenschaft.“ Es habe sehr viel Spaß gemacht und sich gut angefühlt. Selbst bei den Vorstößen Oberdorfs in die gegnerische Hälfte. „Wir waren trotzdem nicht rundum zufrieden mit dem, was wir in Darmstadt gemacht haben“, sagt der Innenverteidiger. „Daher werden wir uns auf St. Pauli auch damit beschäftigen, was noch zu verbessern ist.“ Man wolle sich vernünftig vorbereiten und dann auch Punkte gegen den Tabellenführer in Düsseldorf behalten.

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