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„Den Titel würden wir heftig feiern“

Selin Oruz im Interview vor dem Play-off-Start

Foto: Kenny Beele

von Tobias Kemberg

Die Kapitänin des Düsseldorfer HC, die auch zum TEAM 2021 Düsseldorf gehört, spricht über eine Feldsaison in der Hockey-Bundesliga, die vor mehr als eineinhalb Jahren begann und die im Idealfall in einigen Wochen mit dem schon lange ersehnten Titel für die Oberkasselerinnen enden könnte.

Frau Oruz, die laufende Feldsaison in der Hockey-Bundesliga begann am 7. September 2019. Mit einem 2:0-Auswärtssieg gegen. . .?

Selin Oruz (lacht): Was für eine Frage zum Start. Selbst wenn die Saison nicht schon so lange dauern würde, könnte es gut sein, dass ich das in meinen Erinnerungen vermische. Aber das ist echt lange her, deshalb muss ich passen.

Es war der Berliner HC. . .

Oruz: Okay, das habe ich wirklich nicht mehr im Kopf gehabt. Mir ist aber neulich noch einmal bewusst geworden, wie lange diese Saison jetzt schon im Gange ist. Da habe ich gedacht, meine Hockey-App auf dem Smartphone ist kaputt, weil sie bei der aktuellen Spielzeit 2019/20 anzeigt.

Seit dem Wiederbeginn der Feldsaison im März hat der DHC nur drei Gegentore kassiert und geht nun als Tabellenerster der Staffel B in die entscheidende Saisonphase. Ist die Defensive gerade auch für die Play-offs der große Trumpf?

Oruz: Die Zahlen belegen, dass wir defensiv immer schon gut waren und es auch in dieser Saison sind. Doch was nützt es dir, wenn du in der Abwehr nichts zulässt und vorne keine Tore machst? Dann steht es auch eben nur 0:0. In den vergangenen Spielen haben wir viele oder zu viele Chancen liegengelassen. Natürlich ist es uns über die gesamte Saison gesehen gelungen, unsere Tore zu machen. Aber es hätten noch mehr sein können. Deswegen müssen wir aus meiner Sicht im Kreis noch effizienter werden. Mehr Treffer bedeuten weniger Druck auf die Defensive.

„Zugleich denke ich aber auch immer daran,
was für ein Privileg es ist, in diesen Zeiten
überhaupt unseren Sport ausüben zu können.“

Was für ein Gegner erwartet den DHC mit dem Harvestehuder THC?

Oruz: Erst einmal ein Platz, der in der Bundesliga berüchtigt ist, weil er nicht immer einfach zu bespielen ist. Die Bälle springen da hin und wieder ganz anders. Generell haben wir dort oftmals schwere Spiele erlebt. Das Team des HTHC ist keinesfalls zu unterschätzen, auch wenn sie jetzt keinen Top-Zwei-Platz in der Tabelle belegen konnten. Unser erster Rang aus der Hauptrunde ist mit dem Spielbeginn zunächst einmal nicht viel wert. Es sind die Play-offs, wir müssen von Beginn hellwach sein.

Passend dazu: Hat der 0:2-Rückstand im jüngsten Heimspiel gegen Uhlenhorst Mülheim noch einmal daran erinnert, wie wichtig genau dieser Fokus von der ersten Spielminute an ist?

Oruz: Definitiv. Das war so ein klassisches Spiel, in dem du vom Start weg nicht voll bei der Sache bist. Und dann liegst du schnell mal zurück. Der HTHC ist in diesen Punkten vergleichbar mit Mülheim. Sie sind gefährlich im Kreis und extrem effizient. Deshalb müssen wir ihnen von Anfang an zeigen, dass es gegen uns nichts zu holen gibt.

Foto: Kenny Beele

Wer sind die Titelfavoriten? Mannheim und der Club an der Alster? Oder nimmt der DHC als Tabellenerster der anderen Staffel diese Rolle selbst an?

Oruz: Mit solchen Rollenverteilungen tue ich mich grundsätzlich schwer. Wir haben ein junges Team, das über die vergangenen Jahre immer Top-Leistungen gebracht hat. Der Club an der Alster hat sicherlich den etwas breiter aufgestellten Kader und ein Stück weit mehr Erfahrung. Uns sehe ich als für alle Konkurrenten gefährliches Team an, einen klaren Favoriten benenne ich jedoch bewusst nicht.

Alisa Vivot fällt aufgrund einer Knieverletzung aus. Wie ist es um den Rest des Kaders bestellt?

Oruz: Die Rückkehr von Luisa Steindor ist noch mal ein Pluspunkt. Aber Alisa wird uns riesig fehlen, sie hätte definitiv das eine oder andere wichtige Törchen gemacht. Grundsätzlich sind alle anderen Spielerinnen fit, wir fahren selbstbewusst nach Hamburg.

Wie wäre es für die Nationalspielerin Selin Oruz, als frisch gekürte Deutsche Meisterin zu den Olympischen Spielen nach Tokio zu fahren?

Oruz: Mir ist neulich so durch den Kopf gegangen, was in diesem Jahr innerhalb kürzester Zeit theoretisch alles zu gewinnen wäre: Deutsche Meisterschaft, EM-Titel und olympische Goldmedaille (lacht). Aber ich beschäftige mich nur mit dem, was unmittelbar vor mir liegt. Der Titel auf dem Feld mit dem DHC ist seit Jahren ein Riesenziel, für das Team und für mich persönlich. Den würden wir heftig feiern. Die Meisterschaft zu holen, wäre nach so viel Investment in der Vergangenheit eine richtig schöne Belohnung. Zugleich denke ich aber auch immer daran, was für ein Privileg es ist, in diesen Zeiten überhaupt unseren Sport ausüben zu können. Das macht uns bei allen sportlichen Ambitionen auch demütig.

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