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Der bodenständige Weltstar

Timo Boll feiert 40. Geburtstag

Foto: Kenny Beele

von Tobias Kemberg

Seit zwei Jahrzehnten gehört der Spitzenspieler von Borussia Düsseldorf zur absoluten Tischtennis-Weltspitze. Neben seinen zahlreichen Erfolgen mit dem Schläger in der Hand ist er auch abseits der Platte ein absolutes Vorbild und eine echte Sportlegende.

Denken Sie kurz über den folgenden Begriff nach und überlegen sich dazu spontan drei oder vier Namen. Der Begriff: „Sportlegende“. Als Verfasser dieser Zeilen, der sein ganzes bisheriges Berufsleben eng mit dem Sport verbunden ist, fallen natürlich auch mir spontan zahlreiche Namen ein. An dieser Stelle nenne ich einfach mal Golf-Superstar Tiger Woods, Tennis-Ikone Steffi Graf, Eishockey-Idol Wayne Gretzky und Basketball-Überflieger Michael Jordan. Kein Zweifel, es gäbe noch so viele andere Optionen, aus dem Mannschafts- oder Individualsport-Bereich. Wer gehört in die Top-Five? In die Top-Ten? Eine schöner Diskussionsanstoß für eine gesellige (und hoffentlich bald wieder erlaubte) Runde, oder?

Was macht jene Legenden aus? In erster Linie sind das ihre Erfolge und die Tatsache, ihren Sport geprägt zu haben – oder ihn immer noch zu prägen. So wie Timo Boll. Auch er kann und muss nach zwei Jahrzehnten Weltklasse in einem Atemzug mit solchen Namen genannt werden. Die Nummer eins von Tischtennis-Rekordmeister Borussia Düsseldorf, Mitglied des TEAM 2021 Düsseldorf und deutscher Fahnenträger bei den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro, feiert am Montag seinen 40. Geburtstag. Boll ist ein Weltstar, ein Aushängeschild, kurzum: eine Sportlegende.

Sozial engagiert, immer höflich und geduldig

Foto: Kenny Beele

Mit Superlativen ist das bekanntlich immer so eine Sache. In der Sportberichterstattung werden sie nicht selten inflationär gebraucht und verlieren im Gesamtkontext dann hin und wieder an Gewicht. Boll aber ist ein Tischtennis-Superlativ. Wer über ihn spricht, kommt nicht umhin, sie zu gebrauchen. Und das ist gerechtfertigt. Boll ist Vorbild an und abseits der Platte, sozial engagiert, stets höflich und geduldig im Umgang mit Medien oder Fans und zugleich immer ehrlich.

Ich gratuliere Timo sehr herzlich zu seinem Geburtstag. Er ist ein Ausnahme-Spieler, ein Ausnahme-Mensch. Er ist immer für jeden da, nimmt sich immer Zeit für seine Fans, bis auch der letzte ein Autogramm oder Foto mit ihm bekommen hat. Auch wenn es beim älter werden überall ein bisschen mehr zwickt als früher, und das sage ich aus eigener Erfahrung, hoffe ich doch sehr, dass er noch einige Jahre Tischtennis spielt und wir noch schöne gemeinsame Jahre bei der Borussia haben werden“, sagt Borussia-Trainer Danny Heister.

Drei Mal Edelmetall bei Olympischen Spielen und acht WM-Medaillen

Es gibt wohl kaum eine Zeitungs-, Fernseh- oder Online-Redaktion, die in den vergangenen 20 Jahren um eine „Timo-Boll-Jubel-Geschichte“ herumgekommen ist. Wie auch, beim Blick auf das (verkürzte) Resümee des Linkshänders aus dem Odenwald, der seit 2006 das Aushängeschild der Borussia verkörpert: Drei Medaillen bei den Olympischen Spielen, acht WM-Medaillen und 19 Titel bei Europameisterschaften.

Das sind aber lediglich die internationalen Großereignisse. Ein bisschen mehr Platz muss an dieser Stelle schon reserviert werden, oder? Zu Bolls Erfolgen gehören darüber hinaus Siege bei den Grand Finals, beim World Cup oder beim Europe Top 16. Ebenso erwähnenswert ist der Triumph bei den European Games 2019, mit dem er sich als erster Sportler überhaupt für die Olympischen Spiele in Tokio qualifizierte. 13 Mal krönte sich Boll zum Deutschen Einzelmeister, mit der Borussia heimste er bisher 26 Titelgewinne ein. Im Alter von 21 Jahren erklomm Boll erstmals die Spitzenposition der Weltrangliste, stand mit 29 Jahren wieder ganz oben, um im zarten Alter von 37 Jahren der älteste Weltranglisten-Erste in der Geschichte zu werden.

In China so populär wie ein Rockstar

Boll lebt für den Tischtennissport, auch deshalb gehört er nach zwei Jahrzehnten nach wie vor zur absoluten Weltspitze. Trainingseifer und enorme Disziplin auch außerhalb der Halle ermöglichen dem Mann aus Erbach weiterhin zu den Top Ten der Welt zu gehören. „Körperlich habe ich mich ganz gut gehalten“, erzählte Boll vor einigen Wochen im Podcast „Ping, Pong & Prause“ und ergänzte: „Im Laufe der Jahre bin ich immer detailverliebter geworden. Was plant der Gegner? Wie reagiere ich darauf? Ich spiele zwischen den Ballwechseln viel Schach im Kopf.“

Foto: Kenny Beele

Im Tischtennisland China ist Timo Boll (fast) noch angesehener als hierzulande. Weil der Sport dort regelrecht aufgesogen wird und weil es dort – etwas überspitzt formuliert – für Kinder eher einen Ping-Pong-Schläger anstelle eines Fußball zum Geschenk gibt. Wenn Boll in China über die Straße läuft (natürlich vor der Pandemie), dann ist er schnell von Dutzenden Menschen umringt. Seine Popularität ist mit der eines Rockstars vergleichbar. Diese hängt auch unmittelbar mit einem Ereignis während der WM 2005 in Shanghai zusammen. Boll hat im Achtelfinale Matchball gegen Liu Guozheng. Dessen Rückschlag berührt noch so eben die Tischkante, aber die Schiedsrichter geben dem Deutschen den Punkt. Doch Boll zeigt an, dass der Ball den Tisch berührte, korrigiert die Entscheidung und verliert das Match am Ende.

Fehlende Einzelmedaille bei Olympischen Spielen treibt Boll an

Timo ist eine echte Nummer eins, ob als Spieler mit einer stets überragenden Bilanz seit nunmehr 14 Jahren für unseren Verein, als Leitwolf und Anführer einer ganzen Sportart, als sportliches und stets faires Vorbild für viele tausende Jugendliche, als Mensch, der stets auf dem Teppich geblieben ist“, sagt Borussia-Manager Andreas Preuß über den Jubilar. „Timo ist mit seinen 40 Jahren jung geblieben und ich glaube fest, dass er noch zehn gute Jahre für unseren Klub haben wird, anschließend räume ich gerne meinen Stuhl.“

Zunächst aber richtet Boll seinen Blick auf das mögliche Triple in dieser Saison mit der Borussia. Nach dem Gewinn der Champions League und dem nationalen Pokaltitel gehen der er und seine Teamkollegen aussichtsreich in die entscheidende Saisonphase. Zudem richtet sich der Fokus auf Tokio. Die noch fehlende Einzelmedaille bei Olympischen Spielen treibt ihn noch immer an. Timo Boll, den bodenständigen Superstar, die Legende.

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