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„Fortuna braucht eine Generalüberholung“

Wenn er „Tor“ schreit, dann ist das gut für die Fortuna. Oliver Bendt reportiert seit zehn Jahren für Antenne Düsseldorf die Heim- und Auswärtsspiele von Fortuna Düsseldorf. Der 40-Jährige schafft in seinen Reportagen den schwierigen Spagat aus kritischer, journalistischer Betrachtung und emotional mitreißender Begeisterung. Sein Torschrei schallt mittlerweile bei jedem Treffer der Fortuna durch die Esprit Arena. Weil das in dieser Saison aber nur selten der Fall war, steht für die Rot-Weißen heute Abend ein erstes Endspiel in der zweiten Bundesliga beim Tabellenletzten in Duisburg an. Oliver Bendt gibt sich im exklusiven Interview mit Blick auf das Spiel optimistisch.

 

Wenn es bei der Fortuna nicht läuft, erlebt man dich auf der Pressetribüne auch gerne mal mit hochrotem Kopf. Gab’s in dieser Saison schon Beschwerden vom Hausarzt?

 

(lacht) Ich habe gar keinen Hausarzt. Fortuna-Fans sprechen mich immer wieder an und sorgen sich um meine Gesundheit. Diese Saison hatte ich häufiger einen hochroten Kopf. Ich versuche, mich zusammenzureißen. Es gelingt mir aber selten.

Muss man als Fan der Fortuna diese Saison eigentlich masochistisch veranlagt sein?

Das muss man als Fortuna-Fan immer sein, das ist schon seit Jahrzehnten so. Es kann mir doch keiner erzählen, dass er damals ernsthaft geglaubt hat, mit dem Aufstieg in die erste Liga würde alles gut werden. Leiden ist bei der Fortuna im Paket mit drin. Eigentlich dürfte diese Saison keinen Fan mehr erschrecken, auch wenn die Entwicklung hanebüchen ist.


„Leiden ist bei der Fortuna im Paket mit drin“

Der Aufstieg in die erste Liga fühlte sich wirklich an wie ein Aufbruch in goldene Zeiten. Was ist seitdem schief gelaufen?

Es war eine Aneinanderreihung von Fehlern. Begonnen hat alles damit, dass der Verein zulange an Norbert Meier festgehalten hat. Der Umgang mit Jens Langeneke war unwürdig und sportlich nicht nachvollziehbar. Danach ist es nicht mehr gelungen, einen passenden Trainer zu finden. Dazu waren die falschen Leute in der sportlichen Verantwortung. Den jetzigen Sportdirektor Rachid Azzouzi nehme ich da aus. Er hat bei der Verpflichtung von Marco Kurz daneben gegriffen, dafür aber wertvolle Spieler verpflichtet. Ein Problem der Fortuna war in den vergangenen Jahren auch die Vereinsführung, die in vielen Fällen mehr gegeneinander als miteinander gearbeitet hat. Da kam einfach viel zusammen.

Hast du dir Gedanken gemacht, was ein Abstieg in die dritte Liga für den Verein bedeuten würde?

Es wäre nicht der Untergang der Welt. Bitter wäre es vor allem für die, die auf der Geschäftsstelle ihren Job deswegen verlieren würden. Ein Verein wie Fortuna Düsseldorf könnte sich mittelfristig aber auch davon wieder erholen. Nur würde der Abstand nach oben weiter wachsen. Der Weg in Liga eins wird von Jahr zu Jahr schwieriger. Fortuna sollte sich zum ersten Ziel setzen, ein starker und etablierter Zweitligist zu werden. Die Zukunft des Vereins kann nur über eine nachhaltige und vernünftige Nachwuchsarbeit gestaltet werden. Oder es kommt ein Investor, der richtig Geld in den Verein pumpt. Dann geht es vielleicht auch schnell zurück in die Bundesliga. Den Einstieg eines Investors würde ich aber nur begrüßen, wenn gesichert wäre, dass die Fortuna ihre Identität nicht verlieren würde.

Heute in Duisburg erwartet die Fortuna ein erstes Endspiel um den Klassenerhalt in Liga zwei. Was spricht eigentlich für die Mannschaft im Abstiegskampf?

Der Trainer. Friedhelm Funkel ist der erste Coach seit Norbert Meier, der wirklich die Sprache der Mannschaft spricht und dem das Team auch folgt. Wir brauchen in Düsseldorf wohl Typen, die nicht so sehr über die Fußballlehrerschiene kommen. Funkel hat klare Ideen, wie Fußball gespielt werden soll und mit welchem Personal. Mit Ausnahme der ersten Hälfte gegen Fürth hatte ich immer den Eindruck, dass unter seiner Führung auf dem Platz ein Konzept erkennbar ist.

Was für ein Spiel wird das heute Abend?

Ich befürchte, es wird ein häßliches Kampfspiel. Eine Partie auf Biegen und Brechen. Fußballästheten können zuhause bleiben. Dafür wird es emotional und laut werden. Und ich bin mir sicher, dass die Fortuna punkten wird.

 

 „Ich wünsche mir weniger abgehalfterte Profis aus Liga eins“

Wäre eine Niederlage überhaupt noch zu verkraften?

Ich traue es Friedhelm Funkel zu, dass er die Mannschaft danach noch einmal mobilisieren könnte. Gegen den FSV Frankfurt wäre es dann auch faktisch wohl ein Endspiel. Wenn du gegen diese beiden Teams allerdings keinen Sieg schaffst, dann haben wir den Klassenerhalt auch nicht verdient.

Was muss im Sommer passieren?

Die Fortuna braucht eine Generalüberholung. Sie ist ohnehin zum Neuaufbau gezwungen, weil Säulen wie Kerem Demirbay den Verein verlassen werden. Das ist aber auch eine Chance. Der Verein kann passende und junge Spieler holen. Ich wünsche mir weniger abgehalfterte Profis aus Liga eins, die ihren Zenit schon überschritten haben.

In Duisburg wird’s laut, wie laut wirst du?

Das hängt von der Fortuna ab, nicht von mir. Wenn sie in der 89. Minute den Siegtreffer erzielt, dann werde ich jedoch versuchen, den Fortuna-Block zu übertönen.

Daran haben wir keinen Zweifel. Vielen Dank für das Gespräch.

 Info: Oliver Bendt wird das Spiel der Fortuna beim MSV Duisburg in Ausschnitten live auf Antenne Düsseldorf übertragen.

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