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„Ich hatte das große Ziel, 1000 Spiele am Stück zu sehen und habe dafür bisher viel in Kauf genommen…“

(Foto: privat)

von Piet Keusen

Es war das Ende einer Ära. Das Fortuna-Spiel gegen den SC Paderborn am 16. Mai war ein Geisterspiel. Weil kein Publikum in die MERKUR SPIEL-ARENA durfte, musste auch Andreas Hintz draußen bleiben. Bitter für den Fortuna-Fan. Der hat nämlich seit dem 1. April 1995 kein Fortuna-Spiel verpasst. 870 Partien war er hintereinander im Stadion. Diese Serie ist jetzt gerissen. Aus der Traum von 1000 Spielen am Stück. Oder nicht?

Wie haben Sie den Samstag verbracht?

Das war sehr komisch. So vier Stunden vor dem Anstoß habe ich es nicht mehr ausgehalten. Ich bin dann mit den Fahrrad zur Arena gefahren und habe mich da umgeschaut. Ich habe gehofft, dass sich vielleicht doch noch irgendwie für mich eine Möglichkeit ergibt, noch ins Stadion zu kommen. Es hat sich angefühlt wie ein Champions-League-Finale, zu dem ich keine Eintrittskarte habe. 90 Minuten vor dem Spiel bin ich dann zum Fortuna-Büdchen gefahren, habe da ein Bier getrunken und mir das Spiel dann auf der Couch im Fernsehen angesehen.

Was das schwer?

Ganz ehrlich? Wenn es nur ein Spiel gewesen wäre, dann hätte ich alles versucht, ins Stadion zu kommen. Ich wäre freitagnachts über den Zaun geklettert, hätte mich irgendwo versteckt und gehofft, dass ich den Anstoß erlebe. Aber bei insgesamt neun Geisterspielen in dieser Saison lohnt sich das nicht. Da war mir das Risiko zu groß gewesen.

Also war es wirklich das erste nach 870 Fortuna-Spielen in Folge, das Sie nicht im Stadion erlebt haben?

Ja. Und ich war wirklich traurig. Ich hatte das große Ziel, 1000 Spiele am Stück zu sehen und habe dafür bisher viel in Kauf genommen. Dieses Ziel werde ich jetzt nicht mehr erreichen. Wenn ich wieder bei null anfangen muss, wäre ich bei meinem 1000. Spiel 80 Jahre alt. Das ist unrealistisch.

Gibt das jetzt einen Knacks als Fortuna-Fan oder sind Sie beim nächsten Spiel – wenn es erlaubt ist – wieder im Stadion?

Ich gehe ja nicht für mich dahin, sondern um Fortuna zu sehen. Sobald es wieder geht, werde ich natürlich wieder ins Stadion gehen. Vielleicht werde ich andere Termine aber nicht mehr rigoros ablehnen wie früher. Vor ein paar Jahren, da hätte ich Patenonkel meines Neffen werden sollen. Am gleichen Tag hatte Fortuna aber ein Aufstiegsrundenspiel in Paderborn. Also bin ich dahin gefahren und meine Schwester und meine Eltern haben wochenlang nicht mit mir gesprochen. Jetzt würde ich mich in so einem Fall wohl anders entscheiden.

Wie haben Sie die nächsten Spiele geplant?

Nächstes Wochenende sind wir bei einem 100. Geburtstag eingeladen. Der darf zwar auch nicht gefeiert werden, aber wir wollen zum gratulieren hin. Danach werde ich mir Fortuna im Fernsehen anschauen. Ich kann mir gut vorstellen, dass ich auch mal mit ein paar Freunden – natürlich unter Einhaltung der Abstandsregeln – ein Spiel zusammen bei ein paar Bierchen anschaue. Und dann will ich irgendwann wieder ins Stadion.

Wie hat Ihnen die Fernsehübertragung gefallen? Es war ja immerhin das erste Fortuna-Livespiel seit 25 Jahren, dass Sie im Fernsehen gesehen haben.

Ich habe mit zwei Minuten lang die Version mit eingespielten Stadiongesängen angesehen. Das hat aber hinten und vorne nicht gepasst, also habe ich wieder weg geschaltet. Ein Stadion ohne Fans, das hat nichts mit einem Fußballspiel zu tun. Da herrscht bei Testspielen im Trainingslager ja mehr Atmosphäre. Ich stelle mir das vor wie Testspiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das ist nicht der Fußball, den wir wollen!

 

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