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„Leute aus der Region und frisches Blut“

Kevin Magdowski, Trainer der ART Giants, im Interview

Foto: Kenny Beele

von Bernd Schwickerath

Jung, von hier, nachhaltig – das klingt nach Bioladen. Aber es ist das Motto der ART Giants, Düsseldorfs Drittliga-Basketballern. Bei denen übernahm vergangene Saison Kevin Magdowski den Trainerposten, doch wegen Corona war recht schnell Schluss. Was die Düsseldorfer rettete, waren sie doch in Abstiegsgefahr. Nun steht die neue Saison vor der Tür, und vor der haben die ART Giants den Vertrag mit ihrem Trainer offiziell verlängert.

Herr Magdowski, nächste Woche geht es los. Wie ist die Lage bei den ART Giants?

Kevin Magdowski: Wir freuen uns, dass es endlich wieder losgeht mit Bundesliga-Basketball in Düsseldorf, da haben wir lange darauf warten müssen. Die Saison ist ja im letzten Jahr leider vorzeitig abgebrochen worden aufgrund des Virus, deswegen sind wir sehr gespannt, weil wir so lange ohne Wettkampf waren.

Aber ganz normal wird der nicht…

Magdowski: Ja, die Corona-Hygiene-Regeln betreffen uns natürlich schon. Gerade die Anzahl der Zuschauer wird wahrscheinlich reduziert werden müssen. Sogar im Trainings- und Wettkampfalltag gibt es Veränderungen oder Anpassungen mit dem Desinfizieren der Materialien, zwischen den Trainingsbereichen müssen wir mit Maske hin und herlaufen. Das ist natürlich ungewohnt, aber das neue Normal. Und natürlich akzeptieren wir das alles, weil wir unbedingt spielen wollen.

Jetzt könnte man ja fast zynisch sagen, Ihnen hat die Corona-Krise geholfen, weil Sie nicht absteigen konnten.

Magdowski: Wir haben uns trotzdem nicht gefreut, dass dieser Virus ausgebrochen ist. Wir haben uns, als nach dem Abbruch debattiert wurde, wer oder ob jemand absteigt, natürlich schon gefreut, dass die Saison einfach annulliert worden ist. Wir wollten natürlich in der Bundesliga bleiben.

Wird die Krise dem Basketball allgemein schaden?

Magdowski: Naja, wir sind eine Indoor-Sportart, und ich glaube, der Virus wird jetzt definitiv kein Vorteil sein. Aber schaden? Das weiß ich jetzt nicht. Ich glaube, die Bundesliga kriegt das aktuell verhältnismäßig gut hin. Ich habe halt nur die Befürchtung, dass sich wenige Zuschauer in den Hallen verlieren werden. Dass es vielleicht Bedenken gibt. Aber die kann ich den Zuschauern nehmen. Wir haben ein funktionierendes Hygienekonzept, die ART Giants und die Bundesliga. Es spricht ja auch niemand vom ausverkauften Haus, aber das ist ja auch im letzten Jahr nicht der Fall gewesen. Also direkt schaden wird uns das im nächsten Jahr wahrscheinlich nicht.

Als Sie vergangene Saison nach Düsseldorf kamen, war die Saison recht schnell wieder vorbei. Ist die neue Saison für Sie jetzt der eigentliche Start bei den ART Giants?

Magdowski: So kann man es sagen. Ich starte jetzt quasi neu mit dem Verein. Letzte Saison hatten wir eine komplett andere Situation. Und auch die Sommerpause war extrem, da lief ja teilweise gar nichts. Deswegen ist das jetzt mein Anfang. Ich glaube, dass ich mit meinem Co-Trainer Florian Flabb eine schlagkräftige Truppe auf die Beine gestellt habe. Und wir sehen jetzt erst den Beginn des Programms bei den ART Giants Düsseldorf.

Foto: Kenny Beele

Sie gelten als einer, der auf die Jugend setzt. Auch der Sportliche Leiter Abd Elhadi Saou möchte das tun. In Finn Pook, Linus Helmhold und Patrick Liebert sind drei junge Leute hochgezogen worden. Ist das Teil des Umbruchs oder Zufall?

Magdowski: Nein, das soll schon eine Charaktereigenschaft von uns werden. Wir wollen mit Leuten aus der Region spielen und auf frisches Blut setzen, weil wir an die Zukunft denken. Wir haben ja eine U19 und eine U16, die beide in der höchsten deutschen Spielklasse spielen. Und natürlich ist das das Potenzial, mit dem wir geizen wollen, um interessant für die Zuschauer zu sein.

Auch in kritischen Situationen? Oder ist das im Kampf um den Klassenerhalt zu riskant?

Magdowski: Naja, die jungen Spieler sollen ja auch besser werden. Und man weiß es nie: Das kann ganz schnell am Anfang kommen, das kann aber auch noch ein bisschen Zeit dauern. Also brauchen sie Einsatzzeit, auch in kritischen Situationen.

Sind die drei Genannten die einzigen oder gab es Signale an aktuelle Jugendspieler, dass der Kader nicht in Stein gemeißelt ist? Kann der ein oder andere noch hochrutschen?

Magdowski: Das Ziel ist ein durchlässiges Programm. Das haben wir durch Co-Trainer Florian Flabb, der ja zeitgleich Cheftrainer der U19 ist, auch bewerkstelligt. Wir haben aber natürlich schon fünf U19-Spieler im Kader. Das wird tendenziell nicht auf den sechsten oder siebten hinauslaufen, aber eine gewisse Durchlässigkeit, vor allem bei Verletzungen, ist gewährleistet.

Wenn man mit jungen Spielern arbeitet, hat man wahrscheinlich längerfristige Pläne als die nächsten drei Monate. Gibt es einen Drei- oder Fünf-Jahresplan? Etablieren und irgendwann aufsteigen?

Magdowski: Wir wollen definitiv nicht mehr so abhängig sein von Spielern, die wir in die Stadt holen müssen. Das kann man jetzt nicht auf Jahre beziffern, und der Aufstieg hat ja auch eher mit Finanzierbarkeit zu tun. Wir wollen uns aber auf jeden Fall von diesem Graue-Maus-Image in der Pro B verabschieden und ein interessantes Programm in der Stadt Düsseldorf sein. Das wird nicht in einer Saison bewerkstelligt werden, dazu brauchen wir eine gewisse Zeit.

Das ist in einer schwierigen Sportstadt wie Düsseldorf natürlich nicht einfach. Hinter Fortuna, DEG und Borussia bröckelt es. Handball hat oft nicht funktioniert, Basketball hat oft nicht funktioniert. Was macht Sie optimistisch, dass es dieses Mal klappen könnte?

Magdowski: Basketball ist die Sportart der jungen Leute. Man sieht das ja beim Drei-gegen-Drei auf dem Freiplatz, das Format wird jetzt auch olympisch. Auch bei den NBA-Finals merkt man, wie interessiert die Jugend an dieser Sportart ist. Und wir haben in unserem männlichen Jugendbereich, einem der größten überhaupt, natürlich auch schon unzählige Spieler. Ich glaube aber auch, dass unsere erste Mannschaft mit ihren vielen Akteuren, die nicht aus der Umgebung kamen, zuletzt nicht so wahrgenommen wurde. Wenn jetzt junge Spieler aus Düsseldorf spielen, wird das anerkannter. Ich glaube, dass wir dann auch im Konzert der Großen in Düsseldorf mitspielen können.

Foto: Kenny Beele

Auch Sie persönlich kommen nicht aus der Gegend. Sie kommen aus Berlin, haben in Luxemburg und Kolumbien trainiert. Das sind nicht die ersten Länder, die einem einfallen, wenn man an Basketball denkt. Wie kam’s?

Magdowski: Richtig. Aber das gehört dazu, wenn man als Trainer keine Probleme mit Reisen hat – oder damit, in anderen Kulturen zu leben. Das sind beides interessante Aufgaben gewesen. In Luxemburg war es eine ganze Dekade. Wie es dazu kam, weiß ich gar nicht mehr, ich war auf einmal da, und es hat mir viel Freude gemacht. Ich will auch nicht sagen, dass ich das nie wieder machen werde.

Haben Sie sportlich und menschlich etwas mitgenommen, wovon Sie jetzt als Trainer profitieren?

Magdowski: Die Erfahrungen sind schon enorm. Ich habe im Regenwald gecoacht, ich habe in Situationen gecoacht, gerade in Südamerika, die speziell waren. Das gibt mir jetzt eine gewisse Ruhe und Gelassenheit. Dort war alles hektischer und kurzfristiger. In Luxemburg übrigens auch, wo es in der ersten Liga immer nur um den schnellen Erfolg geht. Deswegen freut es mich, dass ich jetzt hier in Düsseldorf die Ruhe habe, eine Mehrjahreskonzeption erstellen zu können.

Zum Abschluss trotzdem die kurzfristige Frage: Wo kann es diese Saison hingehen?

Magdowski: Es sind zwölf Mannschaften, acht kommen in die Play-offs. Da werden sich alle auf die Fahnen schreiben, in die Play-offs zu wollen. Das wollen wir natürlich auch. Und wir wollen relativ schnell nichts mit der Abstiegsrunde zu tun haben. Wir müssen also gleich am Anfang punkten. Unten wird es nachher extrem, da spielen vier Mannschaften zwei Absteiger aus. 50 Prozent der Abstiegsrunde gehen in die Regionalliga. Mit der Hektik wollen wir nichts zu tun haben. Das ist unser primäres Ziel.

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