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„Nichts, was wir bis Olympia nicht hinkriegen können“

Hockey-Nationalspielerin Selin Oruz im Interview

Foto: Kenny Beele

Am Wochenende durfte Selin Oruz zum ersten Mal seit Oktober ein offizielles Länderspiel um Punkte erleben. Da war die 24-Jährige vom Düsseldorfer Hockeyclub mit der deutschen Nationalmannschaft in der Pro League in den Niederlanden zu Gast. Zu lachen gab es allerdings nicht viel, erst gab es ein 1:2, dann ein 0:3. Was das bedeutet, wie sie sich auf Olympia vorbereitet und was sie in der Bundesliga mit dem DHC erreichen will, verrät Selin Oruz im Interview.

Frau Oruz, zwei Spiele, zwei Niederlagen – wie lief das Wochenende für die Nationalmannschaft aus Ihrer Sicht?
Selin Oruz: Vom Ergebnis her hätte es sicher etwas besser ausfallen können, aber wir haben davor ja auch viermal gegen Indien gespielt, viermal gewonnen und haben uns als Team und insgesamt weiterentwickeln können.

Nehmen Sie die Niederlagen richtig mit oder können Sie mit dem Wochenende leben, weil es ja kein großes Turnier war?
Oruz: Das stimmt, aber andererseits waren wir danach doch mehr mitgenommen, als wir eigentlich dachten. Klar ist es in dem Sinne kein großes Turnier, aber wir arbeiten jetzt seit Monaten und Jahren hart und wollen jedes Länderspiel nutzen und bestenfalls gewinnen. Ich glaube aber, wenn einen das nicht zumindest etwas mitnehmen würde, wäre man im olympischen Jahr auch nicht ganz bei der Sache.

Haben Sie denn nun das Gefühl, die Niederländerinnen seien dem deutschen Team weggerannt?
Oruz: Nein, das finde ich gar nicht. Es lag definitiv nicht an der Athletik. Ich weiß, dass das in den vergangenen Jahren immer mal wieder ein Thema war in den Vergleichen mit Holland, aber wir haben im athletischen Bereich enorme Schritte gemacht und sind inzwischen auf internationalem Topniveau.

War das Wochenende trotzdem schon ein Vorgeschmack auf den Leistungsstand bei Olympia?
Oruz: Natürlich waren das jetzt zwei Niederlagen, aber bis dahin vergeht ja noch etwas Zeit, und es wäre falsch, die Ergebnisse jetzt zu überinterpretieren. Wir haben zu viele Fehler gemacht, die Holländerinnen haben diese gut ausgenutzt. Wir haben es nicht geschafft, die einfachen Dinge gut zu machen. Das haben uns die Holländerinnen voraus. Zudem sind sie schon länger im Ligabetrieb, bei uns startet die Bundesliga erst übernächstes Wochenende.

Das heißt, die deutschen Spielerinnen haben keinen Trainings-, sondern bloß einen Wettkampfrückstand?
Oruz: Genau, von Training her ist alles in Ordnung, deswegen sage ich ja: Von der Athletik haben wir gute Grundlagen geschaffen, aber uns fehlen halt die Spielpraxis, die Automatismen, die die Holländerinnen einfach schon haben. Insofern ist es gut zu wissen, dass wir da definitiv noch gute Schritte machen werden in den nächsten Wochen und Monaten.

Wie lebt es sich derzeit eigentlich als Nationalspielerin? So ganz sicher können Sie ja immer noch nicht sein, dass Olympia dieses Jahr wirklich stattfindet. Ist das ständig im Hinterkopf oder bereiten Sie sich so vor, als sei 100 Prozent klar, dass die Spiele stattfinden?
Oruz: Ich glaube, dass es schwierig wird, sich hundertprozentig auf Olympia vorzubereiten, wenn man ständige Zweifel hat. Wir tun auch nicht nur so, wir glauben alle fest daran, dass die Spiele stattfinden. Das heißt nicht, dass wir nicht wissen, dass das ganze Thema gesellschaftlich relevant und schwierig umzusetzen ist, aber wir müssen jetzt dafür sorgen, dass wir uns optimal auf den sportlichen Bereich vorbereiten. Und jetzt die ganze Zeit darüber nachzudenken, ob Olympia überhaupt stattfindet, wäre dafür hinderlich.

Jetzt beginnt erst mal die Bundesliga. Wie gehen Sie in die Saison?
Oruz: Ich freue mich sehr auf die Bundesliga, die Spiele sind ja genau das, was uns Spaß macht. Und wenn wir wieder regelmäßig Bundesliga spielen, sind wir auch wieder ganz anders im Hockeyspielen drin. Alle Klubs und Spieler freuen sich, dass es jetzt endlich wieder losgeht. Wobei es auch nur zwei Wochenenden sind, dann sind wir mit der Nationalmannschaft auch schon wieder in Argentinien. Wir sind erst vor Kurzem aus Holland zurückgekommen und haben diese Woche frei, um uns zu erholen. Am Wochenende steigen wir dann wieder ins Klubtraining ein.

Ist die Bundesliga also nur ein verlängertes Training für Olympia?
Oruz: Nein, nein. Man will auch mit seinem Klub gewinnen und so gut abschneiden, wie es möglich ist. Ich denke während eines Bundesligaspiels nicht an das nächste Länderspiel in Argentinien. Wenn ich beim DHC bin, gebe ich 100 Prozent für den Klub. Ich glaube aber sogar, dass sich das ganze Training mit der Nationalmannschaft positiv auf die Leistung im Klub auswirken kann – das setzt aber eine gute Trainingssteuerung voraus, auf die wir in diesem Jahr besonders achten müssen.

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