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Pink gegen Rassismus

Muay-Thai Zentrum Düsseldorf beteiligt sich an Aktionswoche

Foto: Kenny Beele

Ab Montag wollen Sportvereine in ganz NRW ein „sichtbares Zeichen“ gegen Ausgrenzung und Hass senden, dann beginnt die Aktionswoche „Pink gegen Rassismus“. Auch zahlreiche Düsseldorfer Klubs sind dabei, unter anderem das Muay-Thai Zentrum Düsseldorf. Ein wichtiges Signal, ist der Kampfsport doch anziehend für Rechtsextreme.

So ganz wohl war ihm anfangs nicht dabei. Kampfsport? In einem Hinterhof? „Ich habe mich vorher gefragt: Hast du da Bock drauf? Es gibt ja viele Vorurteile, und einige treffen auch zu“, sagt Ali Akinci. Doch dann gab er sich einen Ruck, ging einfach mal beim Muay-Thai Zentrum auf der Himmelgeister Straße vorbei. Und erlebte dort etwas, was er schon vorher festgestellt hat: „Es heißt ja nicht umsonst: Der Fisch stinkt vom Kopf her. Entscheidend ist bei jedem Klub, wie er geführt ist, welche Werte gelebt werden. Und das kann ich mir bei uns kaum besser vorstellen.“

„Uns“ – das ist mittlerweile eben jenes Muay-Thai Zentrum. Denn nachdem Ali Akinci einmal dort war, meldete er sich gleich an. Was nicht zuletzt am Kopf lag, an Bilge Çolak (auf dem Foto rechts neben Muay-Thai-Coach Pik zu sehen). Cheftrainer Çolak ist nicht nur seit 35 Jahren im Kampfsport zu Hause, sondern arbeitet auch als Sozialpädagoge und Antiaggressionstrainer. „Während des Trainings setzt er auf Disziplin und Drill, aber außerhalb ist er sehr sozial, predigt Respekt und Multikulti.“

Vor allem Letzteres liegt Çolak am Herzen: antirassistische Arbeit. Da ist es für ihn und seinen Klub eine Selbstverständlichkeit, bei der Aktionswoche „Pink gegen Rassismus“ mitzumachen. Vom 15. bis 28. März steigt die im Rahmen der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“. Es gehe darum, „Farbe zu bekennen und aus dem organisierten Sport ein deutliches Zeichen gegen Rassismus zu setzten“, heißt es vom Stadtsportbund Düsseldorf – dem Dachverband der rund 450 Sportvereine in der Stadt. Während der Woche sollen sich die Mitgliederinnen und Mitglieder der beteiligten Klubs in pinkem Outfit zeigen oder die Farbe irgendwie sonst in ihre Aktionen einbauen. Über Plakate oder in den sozialen Netzwerken mit entsprechenden Hashtags wie #PinkGegenRassismus oder #sportbekenntfarbe.

Kampfsport bietet Anknüpfungspunkte für die extreme Rechte

Dass auch ein Kampfsportverein dabei ist, ist gar nicht zu unterschätzen. „Natürlich kennt man die Geschichten aus dem Amateurfußball“, sagt Ali Akinci, „aber auch im Kampfsport ist das wichtig, gerade mit Blick auf Themen wie die Unterwanderung von Kampfklubs von rechten Gruppierungen.“

Das ist in der Tat ein Thema. Natürlich ist das kein flächendeckendes Problem, unter den hunderttausenden Kampfsportlern in Deutschland ist der Anteil militanter Neonazis gering, aber der Kampfsport ist ein wichtiger Teil extremrechter Lebenswelten. Gibt es doch diverse Anknüpfungspunkte: Körperkult und vermeintliche Männlichkeit, der Gedanke, dass nur die Starken überleben und alles angeblich Schwache keinen Wert habe – nicht zuletzt auch die Möglichkeit, sich auf den Straßenkampf vorzubereiten, Nachwuchs zu rekrutieren und über eigene Studios, Events oder Modelabel Geld zu verdienen.

Der Journalist Robert Claus hat vor einigen Monaten ein Buch zum Thema veröffentlicht: „Ihr Kampf – Wie Europas extreme Rechte für den Umsturz trainiert“. In dem schreibt er: „Der Kampfsport in der extremen Rechten ist vielfach verknüpft mit den Wehrsport- und Schießübungen der Szene. Derlei Trainings zielen auf die Bekämpfung politischer Feinde und des demokratischen Staates. Deshalb wird die Gewalt nie in den Gyms bleiben.“

Das große Problem: Der Kampfsport in Deutschland ist in sich so ausdifferenziert, es gibt keinen übergeordneten Dachverband wie beispielsweise den DFB im Fußball. Jeder Klub kann mehr oder weniger machen, was er will, eine Kontrolle findet nicht statt. Umso wichtiger sind Initiativen wie „Runter von der Matte – Kein Handshake mit Nazis“. Die leistet Aufklärungsarbeit und organisiert Kampagnen für ein Kampfsport ohne Rassismus.

Respekt und Miteinander jeden Tag leben

Entscheidend ist aber natürlich, dass die Werte vor Ort in den Vereinen gelebt werden. Und da ist das Muay-Thai Zentrum in Düsseldorf seit langem aktiv, hat klare Regeln. Die oberste lautet: Respekt und Miteinander. Anders würde es auch gar nicht funktionieren. Denn: „Wir sind kunterbunt gemischt, hier trainieren Menschen mit allen möglichen kulturellen Wurzeln, Alt und Jung, Mann und Frau, vom Zahnarzt zum Maurer“, sagt Cheftrainer Bilge Çolak.

Wegen der Corona-Pandemie ist das alles derzeit natürlich nicht ganz so einfach. Ins Gym an der Himmelgeister Straße darf niemand kommen, dafür gibt es Internetkurse. Und auch in denen ist Antirassismus ein Thema, allerdings nicht gesondert. „Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass wenn man spezielle Seminare anbietet, dann doch nur die kommen, die sich eh für das Thema interessieren“, sagt Ali Akinci. „Wir lassen das deswegen in den Alltag einfließen. Jetzt während der Pink-gegen-Rassismus-Wochen noch mal umso mehr, aber das Wichtigste ist, es jeden Tag vorzuleben.“

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