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Preußer: Wir werden uns verbessern

Fortunas Trainer im Exklusiv-Interview

Foto: Kenny Beele

von Norbert Krings

INTERVIEW Ein optimaler Saisonstart für einen neuen Trainer sieht sicherlich anders aus als ihn Christian Preußer in Düsseldorf erwischt hat. Der 37-Jährige ist aber mehr als zuversichtlich, dass die Fortuna schon bald höhere Tabellenregionen anstreben wird.

Herr Preußer, Sie sind erst 37 Jahre alt aber schon lange Trainer. Hilft Ihnen diese Erfahrung jetzt bei ihrer ersten Station im Profifußball?
Christian Preußer: Es stimmt, ich bin seit 20 Jahren Trainer und glaube auch, dass man ein paar Trainerjahre haben muss, um besser und gut zu werden. Ein paar Sachen habe ich, auch wenn es nicht im Rampenlicht war, schon erlebt und das hilft. Die Themen wiederholen sich – auch ligaunabhängig.

So war der Schritt in die 2. Liga jetzt genau richtig?
Preußer: Ja, ich habe mich jetzt absolut bereit gefühlt. Klar ist einiges neu, aber richtig anders ist es nicht.

Wie wichtig ist diese Vorbereitung auch für Gespräche mit dem Vorstand oder den Spielern?
Preußer: Auf alles kann man natürlich nicht vorbereitet sein. Aber ich habe immer eine klare Idee, was ich will und was ich nicht will und kommuniziere das auch so. Am Ende müssen wir dann die Entscheidungen treffen. Und wenn meine Entscheidung gefallen ist, dann stehe ich auch dazu. Klare Kante ist wichtig – das ist eine meiner größten Erkenntnisse aus den letzten zehn Trainerjahren.

Können Sie mit der Kategorisierung der Trainer, zum Beispiel werden Kollegen als Laptoptrainer bezeichnet, etwas anfangen?
Preußer: Wir neigen als Menschen immer mehr dazu, in Schubladen zu denken, unabhängig vom Fußball. Das möchte ich gerne ein wenig aufbrechen. Man sollte doch mehr sein als der Laptoptrainer, was ohnehin als Begriff so negativ behaftet ist.

Noch fehlt etwas im Spiel seiner Mannschaft. Foto: Kenny Beele

Wenn Sie von den Medienvertretern auf dem Trainingsplatz oder mit der Kamera am Spielfeldrand beobachtet werden, verhält man sich dann anders als beispielsweise in der Regionalliga?
Preußer: Ich denke, ich bleibe mir treu. Die tägliche Medienpräsenz ist zwar etwas Neues für mich und durch Trainingsbeobachtungen und Eindrücke entstehen Artikel. Manchmal passen diese Eindrücke dann mit meiner Wahrnehmung nicht zusammen. Mit solchen Fehlinterpretationen muss man umgehen können. Ich bin jedoch deswegen nicht anders, sonst wird das Ganze unauthentisch.

Wie freundschaftlich oder autoritär gehen Sie mit den Spielern um?
Preußer: Auch das passt nicht in eine Schublade wie harter Hund oder Kumpeltyp. Ich gebe vor, was ich erwarte, wir benennen klar die Fehler, besprechen auch die guten Sachen, und der Umgang muss insgesamt auf einer gewissen Augenhöhe sein, ohne Autorität zu verlieren. Man müsste mal die Spieler fragen, wie sie das wahr nehmen.

Wie kommen Sie denn mit der rheinischen Frohnatur in Düsseldorf klar?
Preußer: Grundtendenzen sind bei Fortuna auch zu spüren, aber viele Menschen, mit denen ich eng zu tun habe, kommen gar nicht aus Düsseldorf. Das vermischt sich. Ich fühle mich hier wohl, gut aufgenommen und gut aufgehoben. Ich interessiere mich für alle Dinge, die hier wichtig sind. Auch für das, was vor zehn und 20 Jahren passiert ist. Wir müssen zukunftsorientiert arbeiten, aber alles baut auf der Tradition des Klubs auf. Ich habe mit großer Freude die Jubiläums-DVD geschaut, auf der vieles drauf ist, was Fortuna ausmacht und auszeichnet.

Wie nehmen Sie das kritische Umfeld wahr, und wie über manche Spieler schnell der Stab gebrochen wird?
Preußer: Aber das kann natürlich schnell von der einen Seite auf die andere kippen. Diese Ausschläge sind mir teilweise zu groß. Das heißt, es wird vieles zu negativ oder zu positiv gewertet. Einige Spieler sind davon oft betroffen, andere überhaupt nicht. Das Austarieren ist wichtig. Wir besprechen das mit der Mannschaft, um den Spielern zu helfen. Wichtig ist unsere interne Bewertung, aber es darf nicht diese Mentalität „wir hier drin, ihr da draußen“ entstehen. Die externe Meinung gehört auch dazu.

Aktuell läuft es ja nicht so ideal…
Preußer: Wir haben zu wenig Punkte und müssen schon schauen, dass die nächsten Spiele in die richtige Richtung gehen. Das Aue-Spiel ist wichtig, die Partien danach auch. Das muss man so benennen. Es ist nicht alles gut, aber auch nicht alles schlecht. Das medial und in der Öffentlichkeit richtig zu bewerten, ohne etwas zu beschönigen oder wegzuwischen, ist meine Aufgabe.

Christian Preußer gibt die Richtung vor. Foto: Beele

Warum sind es denn bisher nur vier Punkte auf der Habenseite?
Preußer: Einfache Antwort, die Zahl der Gegentore ist zu hoch. Wir haben zu viele Anspiele in den Strafraum zugelassen und waren dort in den Zweikämpfen nicht energisch genug. Es gibt gute Spieler in der 2. Liga wie Simon Terodde, die das sofort ausnutzen. Wir machen diese Erfahrung – auch gemeinsam. Wir wollen aber lernen und es besser machen.

Und in der Offensive?
Preußer: Da passt die Effektivität noch nicht. Wir hatten einige Momente in den Spielen, in denen wir das Ganze hätten drehen können – wenn wir auf Schalke nicht sofort den Ausgleich bekommen oder das 2:2 gegen Bremen über die Zeit bringen. Das heißt, wir müssen Spielverläufe mehr in unsere Richtung bringen. Ich bin meilenweit davon entfernt, das mit Pech zu erklären. Auch vorne müssen wir die Zweikämpfe gewinnen und uns grundsätzlich besser positionieren. Das trainieren wir, und ich bin mir sicher, dass wir uns verbessern werden. Es fehlt nicht viel, aber es fehlt etwas. Den Spielern kann man jedenfalls das Engagement nicht absprechen. Es ist meist kein einzelner individueller Fehler, der zum Gegentor führt. Ich möchte, dass alle dafür die Verantwortung spüren.

Hat denn schon ein Lerneffekt eingesetzt?
Preußer: Ich denke, das ist so. Ideal wäre natürlich, wenn man es sofort erkennt, und im nächsten Spiel stimmt nach dem entsprechenden Training auch das Ergebnis. Aber grundsätzlich braucht es Zeit, bis sich die Dinge wirklich verfestigen. Ich bin davon überzeugt, dass wir besser werden. Aber jetzt spielen wir am Sonntag in Aue, und da werden uns wieder ganz andere Aufgaben gestellt.

Wo landet die Fortuna denn am Ende der Saison?
Preußer: Was ich sagen kann: wir werden alles dafür tun, um erfolgreich zu sein. Dazu gehören die Mannschaft und das ganze Trainer-Team, mit dem ich auch sehr zufrieden bin. Ich erwarte, dass wir erfolgreicher sind, Spiele gewinnen und eine Serie starten. In Freiburg war das dann so ein Flow, das hat sehr viel Spaß gemacht. Aber das kommt nicht von allein, nur weil wir ein Traditionsverein sind. Das müssen wir uns hart erarbeiten und haben noch viele Themen. Wir wollen nicht 15. werden, und in Aue geht es los, um das in die richtige Richtung zu drehen.

Sind Sie mit der Transferpolitik des Vereins zufrieden?
Preußer: Für die Möglichkeiten, die dem Verein zur Verfügung stehen, bin ich zufrieden. Vorstellen kann man sich viel. Wir waren sehr intensiv unterwegs, Uwe Klein, die Scouts und Klaus Allofs mit seinem Netzwerk. Es muss aber auch passen. Bei dem einen oder anderen Spieler haben wir nicht mithalten können. Und das kann man auch so benennen. Wir sind gut aufgestellt, aber manche haben eben noch mehr Möglichkeiten. Wir wollen Spieler entwickeln und auch Werte schaffen. Das geht aber sicher nicht in einem halben Jahr.

Ist Shinta Appelkamp so ein Spieler?
Preußer: Viel wird auf Shinta projiziert. Shinta ist ein großartiger Spieler, und ich arbeite gerne mit ihm zusammen. Aber er kann noch richtig viel lernen, er muss besser werden und darf nicht mit Erwartungen überladen werden. Gleichzeitig ist er lange da, und die Hoffnung ist vorhanden, dass er sich entwickelt. Doch er kann keine drei Schritte auf einmal machen. Das braucht Geduld, es geht nicht anders.

Christian Preußer lässt sich von außen nicht beeinflussen. Foto: Beele

Kurz noch ein paar Sätze zu den beiden aktuell neusten Spielern, bitte!
Preußer: Robert Bozenik ist ein toller Stürmer, der viel unterwegs ist und auch unseren Pressing-Ansatz bereichert. Er ist technisch gut und kann auf verschiedenen Positionen spielen. Jetzt muss er aber erst einmal ankommen. Ich habe in der Länderspielpause viel mit ihm telefoniert, als er für die Slowakei unterwegs war. Er brennt darauf, für Fortuna zu spielen und passt sehr gut zu uns. Für Ao Tanaka ist es eine neue Kultur. Die zwischenmenschliche Komponente ist auch für mich interessant. Er hatte in Japan viel Erfolg und will hier sehr viel erreichen. Da muss jetzt ein wenig Ruhe rein. Er bringt aber ganz viel mit, wollte auf Schalke allerdings ein wenig zu viel.

Wie ist die Zusammenarbeit mit der sportlichen Führung des Vereins?
Preußer: Das ist sehr angenehm. Wir tauschen uns sehr viel aus und diskutieren da auch durchaus kontrovers. Es wird über Ideen gesprochen, auch kritische Dinge werden offen angesprochen. Wir sind ehrgeizig und sind alle mit der derzeitigen Situation nicht zufrieden.

Haben Sie sich selbst durch die neue Aufgabe, die mehr im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht, verändert?
Preußer: Ich werde jetzt tatsächlich in der Stadt erkannt. Aber das gehört mit dazu und ist völlig ok für mich. Ob ich mich verändert habe, müssen andere beurteilen – ich denke nicht.

Wenn Sie bei einem Spieler merken, dass sich menschlich etwas verändert, wie reagieren Sie dann?
Preußer:
Ob sich ein Spieler menschlich verändert, darüber traue ich mir jetzt hier noch kein Urteil zu, dafür müssen wir eine viel längere Zeit zusammengearbeitet haben, auch wenn ich sagen kann, dass ich mich mit jedem Einzelnen schon sehr intensiv beschäftigt habe. Aber natürlich bewerte ich bei den Spielern die Aktualität. Wir haben immer Themen miteinander. Bei solchen Gesprächen bin ich kritisch, aber auch aufbauend. Ich merke, die Spieler zeigen sich für diese Art aufgeschlossen.

Und was macht Sie wütend?
Preußer: Wütend nicht, aber ich ärgere mich zum Beispiel, wenn wir Sachen besprechen, und aus Konzentrationsmangel werden sie nicht umgesetzt. Gleiches gilt für standardisierte Situationen, die durch persönliche Aussetzer nicht wie geplant laufen.

Wie schalten Sie ab?
Preußer: Zuhause komme ich komplett zur Ruhe. Ich habe inzwischen eine schöne Wohnung gefunden. Ab und zu lese ich dann auch gerne mal ein gutes Buch.

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