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Rösler: Man soll uns jetzt eine Chance geben

Fortunas Trainer verspricht eine Steigerung

Uwe Rösler glaubt noch an das Erreichen des großen Ziels. Foto: Beele

von Norbert Krings

Wie eine einzige Erfolgsbilanz lassen sich die Spiel-Statistiken der vergangenen und aktuellen Saison für Fortuna Düsseldorf nicht deuten. Viele Fans machen den Bundesliga-Abstieg und den schweren Start in der 2. Liga ausschließlich am Trainer fest. Uwe Rösler (52) betont immer wieder, dass er weiterhin große Freude hat, mit dieser Mannschaft zu arbeiten. Wir sprachen mit ihm.

Hallo Herr Rösler, haben Sie den Stress der vergangenen Woche mit dem 0:5 in Bochum und dem Last-Minute-Zittersieg sowie dem Happy End gegen Darmstadt bereits verarbeitet?

Uwe Rösler: Die Woche war intensiv. Dass nach drei Minuten in Bochum alles kaputt war, ist jetzt nicht mehr zu ändern. Dieses Spiel hat unglücklich angefangen und schlecht geendet. Die Vorbereitung auf das Darmstadt-Spiel war in der Kürze der Zeit alles andere als einfach. Das kann sich in dieser Situation wohl jeder vorstellen. Jeder musste sich aufrichten und aufgerichtet werden. Das galt für alle Beteiligten im Verein, da alle mitleiden. Dann fangen wir am Freitag gut und hochmotiviert an, kassieren fast zwei Gegentore, lassen uns völlig verunsichern und verlieren den Faden. Fußballerisch war dann wenig zu sehen, obwohl wir nach der Systemumstellung mehr Stabilität hatten. Es hat spielerisch insgesamt nicht viel geklappt, aber wenn man alles probiert und eine solche Mentalität an den Tag legt, dann wird man am Ende auch mal belohnt. Dass wir im Jahr 2020 vom Glück verwöhnt worden sind, kann man ja nun wirklich nicht sagen.

Auf diesem Erfolgserlebnis und auf diese Moral kann man sicherlich aufbauen, oder?

Rösler: Das nehmen wir mit in die kommenden Wochen. Es bringt doch nichts, wenn wir uns jetzt entschuldigen müssen, wenn wir gewinnen. Natürlich wollen wir alle bessere Leistungen zeigen.

Die Mannschaft hat zweifellos Potenzial, sich zu steigern. Ist das im Hinblick auf den weiteren Saisonverlauf eine positive Erkenntnis?

Rösler: Langsam entwickeln wir ja auch mehr offensive Ansätze und haben zuletzt drei Tore erzielt. Die Tendenz sieht man also. Zudem haben wir erst zwei Spiele mit dem nahezu kompletten Kader absolviert. Das soll jetzt keine Ausrede sein. Ich sehe starkes Verbesserungspotenzial. Wir wissen jetzt, wie es in der Liga läuft und auf welche Spieler wir auf welcher Position setzen können. Zudem ist uns jetzt klar, in welcher Situation mit welchem System unser Spiel funktioniert oder weniger zusammenpasst. Diese Erfahrungswerte fließen in den Trainingsprozess ein und werden eine Rolle spielen, wenn wir uns bis Ende Januar nach neuen Spielern umsehen werden. Da haben wir einen klaren Ansatz.

Das heißt, das gemeinsam vom Verein ausgegebene Ziel Aufstieg ist also nicht zu hoch gegriffen?

Rösler: Ich spreche erst einmal vom kurzfristigen Ziel, sich zu verbessern und bis zum Januar in Schlagdistanz zu bleiben. Dann hoffen wir darauf, eine eingespieltere Mannschaft zu haben, mit der wir dann noch mal eine Schippe drauflegen und mehr Punkte holen können. Das habe ich gesagt und daran lasse ich mich gerne anschließend beurteilen. Wir sind ambitioniert, deshalb haben wir das übergeordnete Ziel ausgegeben.

Ist denn der Druck für die jungen Spieler nicht zu hoch?

Rösler: Gerade die jungen Spieler haben doch nicht enttäuscht. Shinta Appelkamp etwa bleibt völlig unbeeindruckt. Er hört gut zu und spielt gut Fußball. Er denkt nicht an Druck, Ziele oder Probleme. Der spielt sein Spiel. Christoph Klarer wurde ins kalte Wasser geworfen und  hat sich ohne Eingewöhnungszeit direkt zurechtgefunden. Oder Florian Kastenmeier, dem man vorige Saison vorgeworfen hat, er könne keine Spiele gewinnen.

Ist ein möglicher Aufstieg wirklich realistisch?

Rösler: Wir können nur aufsteigen, wenn alles zusammenpasst. Aber bis dahin fließt noch eine Menge Wasser den Rhein hinunter. Natürlich müssen wir uns steigern. Ich gebe den Kritikern recht, dass wir noch auf der Suche nach Konstanz sind. In Sachen Kreativität und Torgefahr müssen wir ebenfalls zulegen. Aber wir sind, wie gesagt, in Schlagdistanz zur Spitze. Man soll uns jetzt eine Chance geben, uns weiterarbeiten lassen und uns am Ende am Ergebnis messen.

Was macht es mental mit Ihnen, wenn es Menschen im Umfeld und unter den Fans gibt, die Sie am liebsten loswerden wollen?

Rösler: Mit Kritik muss man leben können. Kann man das nicht, ist das nicht der richtige Job. Ich bin jetzt schon eine lange Zeit dabei.

Bisher war Fortunas Trainer mit seiner Mannschaft noch nicht ganz zufrieden. Foto: Beele

Vor zehn Jahren wäre mir diese Situation noch schlimmer auf den Magen geschlagen. Jetzt kann ich damit besser umgehen. Ich habe meine Familie als Rückhalt, obwohl ich nicht ganz abschalten kann. Aber das ist dort im heimischen Bereich für mich wie eine Oase. Diesen ruhenden Pol brauche ich für die Arbeit. Zudem weiß ich, dass ich hart für den Erfolg arbeite und die Spieler vollkommen mitziehen. Sonst wäre so ein Sieg wie gegen Darmstadt nicht möglich gewesen. Mich freut, dass der Vorstand und der Aufsichtsrat hinter mir stehen. Diese Leute können das Ganze gut einschätzen und lassen sich nicht verrückt machen. Wenn wir in den nächsten Spielen die Ergebnisse holen, die ich für möglich halte, sollte die Kritik deutlich weniger werden.

Haben Sie sich die Aufgabe im deutschen Profifußball leichter vorgestellt?

Rösler: Leichter überhaupt nicht. Aber es ist in den letzten elf Monaten bei Fortuna und allgemein unglaublich viel passiert. Mich hat ein Sportvorstand verpflichtet, der jetzt nicht mehr da ist. Ich habe eine Mannschaft übernommen, die sich in vielen Belangen verbessert hat. Dann kam Corona. Am Ende der Bundesliga-Saison ist uns mental die Luft ausgegangen. 19 Spieler haben uns danach verlassen. Der Zeitpunkt der Neu-Verpflichtungen war für uns nicht glücklich, und dann kamen noch Corona-Fälle, Krankheiten und Verletzungen dazu. Die Arbeit macht mir bei Fortuna aber unglaublich viel Spaß, auch weil hier viele in der Mannschaft und um sie herum Verantwortung übernehmen. Grundsätzlich ist die Situation hier in Düsseldorf aber ganz anders als auf meinen bisherigen Trainerstationen.

„Meine größte Motivation ist, manchen Leuten zu zeigen, dass sie mit der Einschätzung meiner Person vorher falsch gelegen haben. Ich gebe niemals auf. Und das möchte ich meiner Mannschaft vermitteln.“

Uwe Rösler

Was ist Ihr größter Weihnachtswunsch?

Rösler: Ich wünsche mir Weihnachten im Kreis der Familie und hoffe, dass mein Sohn, der in Holland spielt, zu uns kommen kann. Es ist derzeit nicht leicht für alle Menschen, ohne die Freiheit, die man so schätzt, glücklich zu sein. Daher wünsche ich mir, dass alle gesund bleiben, sich schnell wieder Normalität einstellt und wir wieder unsere sozialen Kontakte pflegen können. Darauf zu verzichten, tut uns derzeit am meisten weh.

Was können wir aus der Corona-Krise lernen?

Rösler: Dass es immer noch viele Dinge auf dieser Erde und in unserem Leben gibt, die wir nicht beeinflussen können. Mit dem Gut, das wir haben, sollten wir das Leben genießen. Wir sollten verantwortlicher und achtsamer mit dem Mitmenschen umgehen – so, wie wir jetzt mit dem Tragen von Masken vor allem unsere ältere Generation schützen können. Ich persönlich habe aus dieser ganzen Geschichte viel gelernt.

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