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„Wir haben uns in Indien wie Superstars gefühlt“

Hockeyspieler Julius Hayner ist zurück als Vize-Weltmeister

Foto: Worldsportpics copyright Adimazes

von Norbert Krings

Interview: Julius Hayner hat ein echtes Abenteuer erlebt und es zudem auch richtig genießen können. Der Hockeyspieler des Düsseldorfer HC aus dem Junior Elite Team der Landeshauptstadt ist als Ersatzspieler nach Indien zur U21-Weltmeisterschaft gefahren, wurde aber im Halbfinale ins kalte Wasser geschmissen und hatte dann im Finale eine ganz besondere Geschichte. Kurze Zeit nach 27 Stunden Flug und seiner Rückkehr wurde er vom Sportstadt-Team gebeten, alles zu erzählen, und der 21-Jährige tat das gerne und mit großer Begeisterung.

Herr Hayner, Sie wirken so fröhlich und hellwach. War die Rückreise nicht fürchterlich anstrengend?
Julius Hayner: Ja, das war eine mördermäßige Tortur, weil wir schon am WM-Ort Bhubaneswar fünf Stunden Verspätung hatten und uns eine Militär-Eskorte auf dem Flughafen in New Dehli zu unserem Flieger nach Deutschland brachte, der nur noch auf uns gewartet hatte. Auf dem Flug dann habe ich sieben Stunden zur deutschen Nachtzeit schlafen können und bin jetzt hier in Düsseldorf wieder voll im Rhythmus. Heute Abend werde ich dann wohl zusammenklappen. Aber bisher geht’s.

War es denn tatsächlich so ein großes Abenteuer?
Hayner: Das war das größte Abenteuer in sportlicher Hinsicht und auch was mein Leben anbetrifft. Ich war noch nie so weit und so lange von zu Hause weg und dann zu so einem Event. Es war ein einziges, riesiges Abenteuer, was sich dann für mich persönlich noch einmal als größer entpuppte, als es ohnehin schon gewesen wäre.

Warum war es noch größer?
Hayner: Ich bin ursprünglich dorthin gefahren als P-Akkreditierter. Erst stand es in den Sternen, ob ich überhaupt zum Einsatz komme. Dann musste ich am Halbfinaltag direkt da sein, und das war das Spiel gegen Indien vor 3000 oder 4000 Zuschauern, obwohl eigentlich keine Zuschauer erlaubt waren. Das war für mich ein Sprung ins kalte Wasser, aber wenn das immer so angenehm wäre, würde ich das gerne öfter machen.

War die Situation stark durch Corona belastet? Ist Hockey ähnlich wie Cricket dort etwas ganz Besonderes?
Hayner: Zu sagen, dass Corona keine Rolle gespielt hätte, ist nicht möglich in dieser Zeit. Es gab das strenge Hygienekonzept, dass wir uns nur an den Trainings- und Spielstätten aufhalten durften. In Indien und am Spielort war die Corona-Situation im Gegensatz zu Deutschland ziemlich entspannt und kein Riesenthema. Das war aber eine Riesenhilfe für uns, weil wir unglaublich gut auf die Hygiene geachtet haben und die ganzen 20 Tage putzmunter überstanden haben – bis auf eine Verletzung.

Freude nach dem Gewinn der Silbermedaille von Julius Hayner – 2 von rechts – und seinen Teamkameraden.
Foto: Adimazes

Wie haben Sie die Zeit in Indien erlebt?
Hayner: Die erste Woche bestand daraus, Eindrücke und Emotionen aufzusaugen. Man ist in Indien als Hockeyspieler ein Megastar. Im Flughafen sind wir schon bei der Ankunft eskortiert worden. Das Militär hat dann den Bus begleitet, der Verkehr wurde für uns angehalten, und die Menschen haben uns zugewunken. Die Leute stehen an der Seite oder fahren neben dem Bus her. Alle Menschen jubeln den Spielern zu, filmen die Sportler und wollten ein Foto mit uns machen. Das war für uns alle ein besonderes Gefühl, ein Superstar für diese Leute zu sein. Wir waren dafür alle dankbar und demütig. Wir mussten uns aber erst einmal an diese Huldigungen gewöhnen. Wir wissen jetzt schon fast nicht mehr, wie wir in Deutschland die alltäglichen Dinge ohne Polizei-Eskorte erledigen sollen.

Haben Sie auf ein solches Erlebnis in Ihrer Jugendzeit hingearbeitet?
Hayner: Ich zähle jetzt zum ältesten Jahrgang, und ich habe in den vergangenen anderthalb Jahren tatsächlich darauf hingearbeitet. Letztlich war dieses Ereignis der krönende Abschluss meiner Zeit als Junioren-Hockeyspieler. Es war die Belohnung für jahrelange Arbeit. Es war schön und eine tolle Zeit, aber es kommt für die Nationalmannschaft schon noch einmal viel Zeitaufwand dazu.

Können Sie jetzt darauf hoffen, in die A-Nationalmannschaft berufen zu werden? Und ist Olympia ein Traum?
Hayner: Ehrlich gesagt ist Olympia kein Traum für mich. Ich würde das schon gerne machen. Aber dafür ist ein weiterer Schritt in Richtung Professionalität nötig. Das muss dann die Priorität Nummer 1 sein – mit ganz vielen zusätzlichen Trainingseinheiten. Zudem stehe ich ganz, ganz, ganz weit hinten an. Da gibt es andere, die eher dran sind. Für mich ist es eher vermessen und daher kein Ziel oder Traum. Es kann sich immer noch in den nächsten Jahren entwickeln. Aber jetzt denke ich nicht daran.

Liegt es daran, dass Sie einen ganz klaren Plan Ihrer beruflichen Karriere haben?
Hayner: Mein Ziel ist es jetzt, mein Bachelorstudium in Düsseldorf zu Ende zu führen. Ich habe da noch einmal gewechselt und mich auf BWL konzentriert. Das Studium will ich sauber in Regelzeit zu Ende bringen und in der Bundesliga weiter Hockey spielen.

Das Team hat in Indien zusammengehalten. Foto: Worldsportpics copyright Adimazes

Noch einmal zurück zur WM. Das Spiel gegen Indien war schon etwas Besonderes…
Hayner: Das war für die meisten von uns das größte Spiel ihrer bisherigen Karriere, obwohl einige von uns schon mal im A-Kader standen. Aber bei dieser WM in Indien gegen den Gastgeber im Halbfinale zu stehen, übertrifft dann alles. Dass das Spiel so gelaufen ist, war ein einziger Rausch. In der ersten Hälfte war es für mich das beste Hockeyspiel, an dem ich je teilgenommen habe. Den Matchplan haben wir 100prozentig umgesetzt und erst nach dem 4:1 war es nicht mehr auf dem höchsten Level. Und da ich erst drei Stunden vor dem Spiel erfahren habe, dass ich spielen werde, war das auch noch einmal etwas Besonderes. Unser Kapitän Bene Schwarzhaupt hatte sich verletzt.

Das Finale war dann für Sie eigenartig oder?
Hayner: Ja, das trifft es eigentlich ganz gut. Wir sind schlecht ins Spiel gegen unglaublich clevere und taktisch sehr gut eingestellte Argentinier hineingekommen. Deren Ziel war es, extrem gut zu verteidigen, nicht unbedingt das Spiel zu machen, aber gut zu kontern.

Sie mussten zwischenzeitlich mit einer Zeitstrafe vom Platz…
Hayner: Ja, das war auch keine glaskare Fehlentscheidung, aber sehr, sehr fragwürdig in der Bewertung. Wir haben uns die Szene hinterher noch einmal angeschaut und fühlten uns ungerecht behandelt. Ursprünglich waren es gleich mehrere Fouls an mir. Daraus resultierte die Strafe dann aber gegen mich.

Wie war das möglich?
Hayner: Ich war am Ball und habe mehrere Fouls bekommen. Als der Pfiff ertönte, habe ich noch einen Bodycheck erhalten, was man auch auf dem Video sieht. Ich wollte immer noch den Ball spielen, der Schläger schwingt aber durch den Check verursacht durch und trifft einen Argentinier am Kopf. Klar, man kann fragen, was macht der Schläger da oben? Aber da ich in der Aktion gefoult worden war, ist die Strafe sehr ungerecht. Zum Glück fiel in dieser Phase mit Unterzahl kein Gegentor, aber die Mannschaft hat da natürlich Körner gelassen.

Sie haben es quasi wieder gut gemacht, oder?
Hayner: Es war schon schön, dass ich ein Tor erzielen konnte und wir dann auf 2:2 ausgleichen konnten. In der zweiten Hälfte haben wir die Argentinier an die Wand gespielt, aber letztlich insgesamt drei Eckentore kassiert, wogegen wir nur eine Ecke von sechs für uns verwerten konnten. Wir haben unser Momentum nicht nutzen können. Argentinien war brutal effizient.

Kennen sie viele Leute, die sich Vize-Weltmeister nennen können?
Hayner: Genau so ist es, ich kenne da niemanden ansonsten. Viele haben mir geschrieben, ,hey, kannst trotzdem stolz sein‘. Ich habe es gerne gehört, weil das war eine WM, wir haben gute Leistungen gezeigt, und ich bin extrem stolz darauf, Vize-Weltmeister zu sein.  Wir haben die Medaille auch den ganzen Tag nach der Siegerehrung noch getragen. Sie stellt nun eine tolle Erinnerung dar, auch weil wir eine extrem tolle Mannschaft hatten – mit Freunden aus ganz Deutschland. Das kann mir niemand nehmen.

Und jetzt geht es für die Rest-Saison mit dem DHC noch in die Halle?
Hayner: Da wurde schon nachgefragt. Ich könnte jetzt sagen, dass ich das nach diesen Erlebnissen und der Belastung nicht möchte. Aber die Mannschaft geht wegen Verletzungen und den nicht optimalen Ergebnissen auf dem Zahnfleisch. Also werde ich wohl und möchte auch am Wochenende schon gegen Neuss spielen.

Die Silbermedaillengewinner der U21-Hockey-WM. Foto:
Worldsportpics copyright Adimazes

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